Diese miteinander verwandten Varianten dienen alle der Gewinnung von autochthonem, regionalem, gebietsheimischen Saatgut möglichst der gesamten Pflanzengemeinschaft einer Spenderfläche. Es wird insofern abweichend von der Mahdgutübertragung und dem Heumulchverfahren nicht die gesamte Biomasse der Spenderfläche übertragen, sondern weitgehend nur die Samen.
Die verschiedenen Verfahren unterscheiden sich vor allem in der Art und Weise, wie die Samen von der sonstigen Biomasse getrennt werden.
Im Gegensatz zur Mahdgutübertragung ist bei diesen Verfahren nach Erhaltungsmischungsverordnung eine Genehmigung erforderlich, wenn das geerntete Material in Verkehr gebracht wird.
Seit einigen Jahren sind inzwischen optimierte und erprobte Geräte auf dem Markt, die speziell für die Gewinnung von autochthonem, regionalem, gebietsheimischen Saatgut von geeigneten Spender-Wiesenflächen entwickelt wurden. Es handelt sich hierbei um kompakte Geräte mit Elektroantrieb, bei denen die Samen mit Hilfe einer rotierenden Bürstenwalze von der Vegetation abgestreift und aufgefangen werden. Im Rahmen des Aktionsprogramms natürlicher Klimaschutz sind diese Geräte auf der Grundlage der Richtlinie zur Investitonsförderung von Maschinen und Geräten zur Stärkung der natürlichen Bodenfunktionen in Agrarlandschaften förderfähig (Positivliste B.5.3 Wiesendruschsysteme). Das gewonnene Material kann entweder frisch auf eine geeignete Spenderfläche übertragen werden oder ca. 1 – 2 Jahre normalerweise nach Aussieben und sachgerechter Trocknung kühl und dunkel in Pappsäcken gelagert werden. Lässt man das ausgebürstete Material noch auf der Erntefläche auf einem Leintuch trocknen, können aufgesammelte Insekten zurück auf die Fläche gelangen. Die Ansaat erfolgt nach entsprechender Vorbereitung der Empfängerfläche (s. Mahdgutübertragung) im Allgemeinen händisch in einer Ansaatstärke von ca. 10 g/m² (SCHNEIDER + WOLFF 2019).
Beim Heudrusch®, auch Engelhardt-Verfahren genannt (ENGELHARDT 1996) wird der gemähte Grünlandaufwuchs vorgetrocknet, in Rundballen gepresst, unter Dach nachgetrocknet und dann ausgedroschen. Das gewonnene Material kann per Hand, mit Saatkombinationen aber auch im Nasssaatverfahren ausgebracht werden.
Bei diesem Verfahren wird die Wiese gemäht und das Mahdgut im selben Arbeitsgang gedroschen.
Das gewonnene Material, das aus Samen, zerschlagenen Frucht- und Blütenständen sowie Halm- und Blattbruch besteht, kann in frischem Zustand ausgebracht aber auch getrocknet werden (SCHNEIDER+WOLFF 2019) , um lagerfähiges Material zu erhalten (KIRMER ET AL. 2012).
Weitere, weniger gebräuchliche Verfahren wie z. B. Saugverfahren sind bei KIRMER ET AL. (2012) beschrieben.
Vor Durchführung der Beerntung der Spenderfläche sollten evtl. vorhandene wenige Exemplare problematischer Arten wie Rumex crispus, Rumex obtusifolius bzw. Senecio jacobaea ausgestochen werden.
Der Erntezeitpunkt richtet sich nach der Samenreife der Zielarten. Evtl. kann eine mehrmalige Ernte sinnvoll sein. Bei der Terminfestlegung ist darauf zu achten, dass die Zielarten noch nicht ausgesamt haben. Eine Übersicht über Erntetermine für einige wichtige Wiesenarten gibt Tabelle 1. BOSSHARD empfiehlt bei der Entwicklung von Magergrünland den Erntezeitpunkt an der Blüte der Margerite auszurichten (BOSSHARD 1999).HÖLZEL et al. (2012) weisen darauf hin, dass auch bei späten Terminen frühblühende Arten übertragen werden können. Spätere Termine (September) können den Vorteil haben, dass weniger Grassamen übertragen werden und Trockenperioden im Sommer umgangen werden. In jedem Fall ist eine genaue Beobachtung der Entwicklung des Reifezustands der Samen auf der Spenderfläche erforderlich, da diese von Jahr zu Jahr und auch im lokalen Umfeld schwanken kann.
Die Durchführung des eigentlichen Erntevorgangs richtet sich nach den Betriebsanleitungen der eingesetzten Geräte.
Eine nachträgliche Reinigung des auf die verschiedenen Weisen gewonnenen Materials durch Siebe etc. führt zu einer Erhöhung des Anteils der Samen. Durch Spezialverfahren kann der Anteil der Grassammen reduziert und der der Kräuter angehoben werden. Dies ist besonders bei der gezielten Erhöhung des Kräuteranteils in grasreichen Narben in Verbindung mit der Anlage von Frässtreifen sinnvoll.
Das ausgedroschene Material wird normalerweise nachgetrocknet. Es kann aber auch direkt ausgesät werden.
Das Saatgut sollte in Pappsäcke abgefüllt und bis zur Aussaat trocken, kühl und dunkel max. 2 Jahre gelagert werden.
Vor der Aussaat ist wie bei der Mahdgutübertragung ein feinkrümeliges Saatbett zu bereiten. Der bedarf für die Aussaat liegt üblicherweise zwischen 10 und 30 g/m². Auf einen geeigneten pH-Wert und eine passende Versorgungsstufe des Bodens ist zu achten. Die Durchführung von Wiesen- oder Heudrusch® wird von mehreren Fachfirmen angeboten.
Die Bodenvorbereitung erfolgt analog zur Mahdgutübertragung.
Die Ausbringung erfolgt im Allgemeinen händisch bzw. bei größeren Vorhaben in Nasssaat (BLOEMER 2009) . Die Menge schwankt zwischen 10g/m² und 30 g/m² je nach Verhältnis zwischen Samen und Stengelmaterial (SCHNEIDER+WOLFF, 2019)
Nach dem Auflaufen der Pflanzen ist im Herbst bei zu hohem Anteil unerwünschter Konkurrenzpflanzen mindestens ein Schröpfschnitt vorzusehen. Bereits im ersten Jahr nach der Übertragung ist normalerweise die am Zielpflanzenbestand orientierte Nutzung mit einem standorttypischen Ertrag möglich. Nachfolgende notwendige Mahd bzw. Beweidung sowie Düngung richten sich nach dem Zielzustand. Eine entsprechende dauerhafte Grünlandpflege ist für das Erreichen und die Sicherung des Entwicklungsziels notwendig.
Die Verfahren eignen sich wie die Mahdgutübertragung zur Entwicklung von Pflanzengesellschaften des Grünlandes insbesondere, wenn eine Selbstberasung nicht erfolgversprechend ist, und geeignete Spenderflächen in der Umgebung, zumindest jedoch im Naturraum/Großlandschaft, zur Verfügung stehen.
Das ausgedroschene Material wird normalerweise nachgetrocknet. Es kann aber auch direkt ausgesät werden.
Als Alternative zur Mahdgutübertragung bietet es sich in folgenden Fällen an:
Teilweise wird es gewünscht sein Arten zu übertragen, die in der Spenderfläche fehlen oder eine nicht zum Erntezeitpunkt passende Samenreife aufweisen (z. B. Großer Wiesenknopf, Wiesen-Silge), oder bekanntermaßen schlecht mit dem Mahdgut zu übertragen sind (z. B. Wiesen-Salbei, Wiesen-Storchschnabel, Kleiner Klappertopf), so kann eine ergänzende Einsaat, im Allgemeinen als Handsaat, erfolgen. Hierzu bietet sich per Hand gesammeltes Saatgut dieser Arten aus der Spenderfläche oder aus dem lokalen Umfeld bzw. von vermehrtem Saatgut lokaler Herkünfte an. Die Verwendung von zertifizierten Regiosaatgut sollte eher vermieden werden, da so das Ziel der Verwendung lokaler Herkünfte nicht erreicht würde. Eine zukünftige Verwendung dieser Fläche als Spenderfläche im Sinne dieses Konzeptes wäre dadurch außerdem nicht mehr möglich.
Die Flächen lassen sich sicher begrünen. Die Artenzusammensetzung und Mengenanteile können nicht mit letzter Sicherheit vorhergesagt werden. Seltene Arten und lebensraumtypische Charakterarten lassen sich aber übertragen. Im Gegensatz zur direkten Mahdgutübertragung ist eine Verfrachtung von Insekten (ELIAS, THIEDE 2008) weitgehend ausgeschlossen. Die Entwicklung ist von der konsequenten, fachlich richtigen Nutzung und Pflege abhängig. Die in der Praxis gemachten Erfahrungen sind positiv. Das Risiko ist nicht höher als bei einer klassischen Einsaat.
Die Menge des zu transportierenden und auszubringenden Materials wird gegenüber der Mahdgutübertragung deutlich reduziert und die Kosten werden dadurch verringert.
Die Spenderfläche kann mehrmals im Jahr unter Ausnutzung der besten Termine wichtiger Wiesenarten beerntet werden, aber das gesamte Spendermaterial in einem Arbeitsgang aufgebracht werden.